Zum Hintergrund von Find-AF 2: 

Die Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls stellt nach wie vor eine Herausforderung für Neurologen dar. Mit NAVIGATE ESUS1 und RE-SPECT ESUS2 konnten zwei große randomisierte, kontrollierte Studien, in denen Rivaroxaban beziehungsweise Dabigatran mit Acetylsalicylsäure bei ESUS-Patienten verglichen wurde, keine Überlegenheit der direkten oralen Antikoagulantien in der Verhinderung von Schlaganfällen im ersten Jahr zeigen. Darüber hinaus wurde kürzlich die ATTICUS-Studie, in der Apixaban im Vergleich zu ASS bei ESUS-Patienten untersucht wurde, auf Empfehlung des „Data safety monitoring boardes“ vorzeitig abgebrochen, weil eine Zwischenanalyse zeigte, dass der geplante Endpunkt durch die Intervention nicht erreicht werden kann.

Schlaganfälle verhindern

 

 

Erklärung zur Grafik:

20 % der Schlaganfallpatienten haben ein bekanntes Vorhofflimmern. Weitere 12% haben Vorhofflimmern, welches den Routine-EKG-Untersuchungen entgeht, aber durch verlängerte und intensivierte EKG-Untersuchungen nachgewiesen und anschließend durch eine (direkte) orale Antikoagulation behandelt werden könnte. Diese kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls erheblich senken. 

So erhalten heute von 100 Schlaganfallpatienten 18 in den folgenden fünf Jahren einen erneuten Schlaganfall, zwei davon sind Patienten mit bekannten und behandeltem Vorhofflimmern. Sechs der 18 Patienten haben ein unentdecktes und damit unbehandeltes Vorhofflimmern. Wenn wir davon ausgehen, dass wir die durch verbesserte und längere EKG-Untersuchungen mehr bisher unentdecktes Vorhofflimmern finden und behandeln, könnte die Anzahl der rekurrenten Schlaganfälle innerhalb von fünf Jahren auf 14 von 100 Patienten sinken.

 

Da also eine schlichte orale Antikoagulation bei allen Patienten mit ESUS keine geeignete Strategie zur Sekundärprophylaxe darstellt, rückt das Konzept einer personalisierten Schlaganfallsekundärprophylaxe über die Identifikation von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern wieder vermehrt in den Fokus. Durch die EMBRACE-3, CRYSTAL-AF4 und Find-AFRANDOMISED5-Studien konnte gezeigt werden, dass durch ein verlängertes, intensiviertes Rhythmus-Monitoring Vorhofflimmern häufiger und früher diagnostiziert werden kann. Bekanntermaßen führt Vorhofflimmern zur Umstellung der Sekundärprophylaxe von ASS zu (direkten) oralen Antikoagulantien und damit zu einer deutlichen Risikoreduktion des Auftretens eines erneuten ischämischen Ereignisses.6 Offen ist bisher, ob durch den früheren Beginn einer oralen Antikoagulation auch tatsächlich die Re-Schlaganfall-Rate gesenkt werden kann.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Rolf Wachter (Kardiologie Universitätsklinikum Leipzig) und Prof. Klaus Gröschel (Neurologie Universitätsmedizin Mainz) hat sich vorgenommen, diese wichtige Frage zu beantworten. Dabei wird die Find-AF 2-Studie als eine der größten jemals geförderten Studien von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Sollte sich die Studienhypothese mit der erwarteten Risikoreduktion von 23 Prozent bestätigen, könnten schätzungsweise 15.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland vermieden werden.

 

Flussdiagramm Studienverlauf
Flussdiagramm Studienverlauf

 

 

Literatur:

References

1.    Hart RG, Sharma M, Mundl H, Kasner SE, Bangdiwala SI, Berkowitz SD, et al. Rivaroxaban for Stroke Prevention after Embolic Stroke of Undetermined Source. The New England journal of medicine. 2018;378:2191–2201.

2.    Diener H-C, Sacco RL, Easton JD, Granger CB, Bernstein RA, Uchiyama S, et al. Dabigatran for Prevention of Stroke after Embolic Stroke of Undetermined Source. The New England journal of medicine. 2019;380:1906–1917.

3.    Gladstone DJ, Spring M, Dorian P, Panzov V, Thorpe KE, Hall J, et al. Atrial fibrillation in patients with cryptogenic stroke. The New England journal of medicine. 2014;370:2467–2477.

4.    Sanna T, Diener H-C, Passman RS, Di Lazzaro V, Bernstein RA, Morillo CA, et al. Cryptogenic stroke and underlying atrial fibrillation. The New England journal of medicine. 2014;370:2478–2486.

5.    Wachter R, Gröschel K, Gelbrich G, Hamann GF, Kermer P, Liman J, et al. Holter-electrocardiogram-monitoring in patients with acute ischaemic stroke (Find-AF RANDOMISED ). An open-label randomised controlled trial. The Lancet Neurology. 2017;16:282–290.

6.    Hart RG, Pearce LA, Aguilar MI. Meta-analysis. Antithrombotic therapy to prevent stroke in patients who have nonvalvular atrial fibrillation. Annals of internal medicine. 2007;146:857–867.